Feldenkrais & Ayurveda

Methoden für ein neues Bewusstsein

Feldenkrais und Ayurveda haben auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun. Schaut man genauer hin, spielen die beiden Ansätze sehr gut zusammen, wenn es darum geht, ein Leben in Gesundheit und Achtsamkeit zu führen. Jürgen Bräscher bietet 2020 zum ersten Mal eine Ausbildung zum Feldenkrais-Kursleiter an der Europäischen Akademie für Ayurveda an. Heute gibt er uns einen Einblick, wie Feldenkrais unseren Alltag bereichern kann und wo der Ayurveda ins Spiel kommt.

Jürgen, Du bist seit über 15 Jahren hauptberuflich als Feldenkrais-Lehrer tätig. Was macht für Dich die Faszination dieser Methode aus?

In unserem Alltag bewegen wir uns allzu oft in festgefahrenen Mustern. Beruflich aber auch im Privatleben machen wir stets ähnliche Dinge und wiederholen jeden Tag die gleichen Bewegungsabläufe. Dadurch schränkt sich unser Körper immer mehr ein, wir nutzen nicht mehr das breite Bewegungsspektrum, das wir als Kinder erfahren haben. Genauso richtet sich unser Verhalten immer mehr nach einem „Schema F“ aus. Innovationen und Kreativität kommen nur noch selten zum Ausdruck. Genau hier setzt Feldenkrais an. Über den Körper wirkt Feldenkrais auf ungesunde Muster ein und bietet uns Alternativen an. 

Praktisch ruft Feldenkrais viele Bewegungsmuster aus unser Kindheit wieder in Erinnerung. Wir entdecken neue Varianten und machen neue Erfahrungen, die direkt das Nervensystem anregen. Es werden neue neuronale Verbindungen geknüpft. Dadurch wird der ganze Körper freier und Bewegungen fallen leichter. Gleichzeitig wirken sich die neuen Erfahrungen auf unserer Verhalten aus: Die Welt öffnet sich, wir schauen wieder über den Tellerrand hinaus, statt uns in eingefahrenen Bahnen zu bewegen.

Wie muss ich mir eine Feldenkrais-Stunde bei Dir in der Praxis vorstellen?

Die Teilnehmer liegen auf einer Matte und werden in entspannter Atmosphäre mit verbalen Anleitungen durch die Stunde geführt. Oft geht es darum, kleine Bewegungen achtsam auszuführen. Damit wird die eigenen Wahrnehmung geschult, die Teilnehmer lernen wieder zu spüren. Die Frage lautet: „Wie gehe ich mit mir um?“, ist genauso essentiell wie die Bewegung selbst. Die eigenen Bedürfnisse zu erkennen und danach zu handeln, ist einer der Effekte, die sich bei der Arbeit mit Feldenkrais einstellen.

In Deinem Buch „Vom Kopfkino zum Freigeist“ stellst Du Feldenkrais-Strategien vor, mit denen der Ausstieg aus dem Stress gelingen kann. Wie kann dieser Weg aussehen?

Im Unterschied zu manch anderen Methoden ist Feldenkrais nicht nur auf die Bewegung oder gar auf den Unterrichtsraum begrenzt, sondern wirkt sich direkt auf den Alltag aus. Oft geraten wir nur deshalb in Stress, weil wir immer nach dem gleichen Mustern handeln, das nicht funktioniert und uns nicht gut tut. Erst wenn es gelingt, diesen negativen Kreislauf zu unterbrechen, können wir dem Stress adé sagen. In meinem Buch finden sich dafür zahlreiche Beispiele. 

Eines dieser Muster ist der Leistungsgedanke, der unsere Gesellschaft durchdringt und zwar bei allem, was wir tun. Mit Feldenkrais können wir lernen, ein Frühwarnsystem zu entwickeln: Achtung: Diese Situation tut mir jetzt nicht gut, es ist Zeit, mich abzugrenzen. Außerdem bietet Feldenkrais einen Rahmen, der frei von Leistungsdruck ist. Die Teilnehmer treten in den Prozess ein, sich von vorgegebenen Zielen und Anspruchsdenken frei zu machen. Wenn das gelingt, fällt auch der Stress weg, denn ich entscheide mich, selbstbestimmt zu handeln, also ein „Freigeist“ zu sein. 

Für wen eignet sich die Feldenkrais-Ausbildung, die Du anbietest?

In erster Linie richtet sich das Konzept an alle, die bereits Unterrichtserfahrung aus einem anderen Bereich mitbringen, sei es als Therapeut, Lehrer, Yogalehrer, Mediziner, Sportler oder auch Künstler. Sie bekommen in vier Modulen die Grundlagen an die Hand, um selbst Feldenkrais-Kurse zu geben. Darüber hinaus können die pädagogischen Strategien aber auch ihren eigenen Unterricht bereichern. Feldenkrais führt dazu, einen guten Gebrauch von sich selbst zu machen. Dadurch fallen oft auch andere Bewegungen leichter, zum Beispiel bestimmte Yogaübungen, Laufen, Kampfsport, Golf oder das Spielen eines Instruments. 

Darüber hinaus eignet sich die Ausbildung auch für Menschen, die eine intensive Selbsterfahrung machen und etwas Neues ausprobieren möchten. Sie lernen loszulassen, in die tiefe Entspannung zu gehen und Leichtigkeit in der Bewegung zu erfahren. 

Wie passt das Feldenkrais-Konzept nun mit Ayurveda zusammen? 

Ich selbst bin über die Ernährung zum Ayurveda gekommen. Die Prinzipien der ayurvedischen Ernährung haben für mich so viel Sinn gemacht, dass ich meine Essgewohnheiten überprüft und verändert habe. Dinge, die nicht zu mir und meiner Konstitution passen, sind weggefallen, dafür sind Nahrungsmittel und Verhaltensweisen hinzu gekommen, die mir gut tun. Im Feldenkrais wie im Ayurveda geht es für mich darum, ein Bewusstsein zu entwickeln für das, was ich im Alltag lebe. Oder wie Moshé Feldenkrais, der Begründer der Methode, es einmal formulierte: „Wenn Du weißt, was Du tust, kannst Du tun, was Du willst.“ 

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