Kerstin, was zeichnet die Ayurvedische Ernährungsweise aus?
Ayurveda, die traditionelle Medizin Indiens, verfügt über eine umfassende Ernährungslehre, die darauf ausgerichtete ist, das körperliche und mentale Gleichgewicht zu stärken. Viele Menschen verbinden mit Ayurveda eine indische, vegetarische Diät. Diese Betrachtung ist jedoch zu einseitig. Im Ayurveda achten wir auf frische, regionale und saisonale Nahrung.
Das Besondere an der ayurvedischen Ernährung ist der individuelle Ansatz: Entsprechend der persönlichen Konstitution gibt es viele gesunde Tipps zur typgerechten Nahrungsmittelauswahl, Zubereitung und allgemeinen Ernährungsweise.
In der Ayurvedischen Ernährung unterscheidet man verschiedene Ernährungstypen. Warum dürfen nicht alle das gleiche essen?
Ja, wir unterscheiden im Ayurveda zwischen drei Konstitutionstypen (Vata, Pitta, Kapha) und deren Mischformen, die sich durch individuelle Prägungen im Körperbau, Charakteristik und Verdauung auszeichnen. Wenn wir beispielsweise über viel Vata verfügen (luftiger Typ), so sind wir schlank, frieren leicht und neigen zu Nervosität und einer sensiblen Verdauung mit Blähungen und Verstopfung. Menschen mit viel Pitta (feuriger Typ) sind sportlich, willensstark und haben einen schnellen Stoffwechsel mit Neigung zu Übersäuerung oder Durchfall und stets starkem Appetit. Wenn hingegen das Kapha vorherrscht (erdiger Typ), dann erkennt man dies an dem kräftigen Körperbau mit Neigung zu Gewichtszunahme, Atemwegsbeschwerden und einem ruhigen, ausgeglichenen Gemüt.
Je nachdem welche Konstitutionsprägung nun dominiert, kann die tägliche Ernährung individuell den typgerechten Bedürfnissen angepasst werden: Zum Vata-Ausgleich empfiehlt Ayurveda warme und gekochte Speisen, der hitzige Pittatyp braucht mehr Rohkost und basisches Wurzel- und Blattgemüse. Auf den trägen Kapha-Stoffwechsel wirken anregende Gewürze und nur kleine Mahlzeiten wohltuend – besonders am Morgen und Abend.
Wie werden diese Ernährungstypen bestimmt?
Zur Typbestimmung kann man einen Fragebogen ausfüllen oder sich persönlich analysieren und beraten lassen. Jedes Ayurveda-Buch beinhaltet einen ausführlichen Konstitutionstest und im Internet gibt es einige zum Downloaden. Ich selbst habe auch einen einfach zu beantwortenden Fragebogen mit ausgleichenden Empfehlungen entwickelt.
Ist die Ayuvedische Ernährungsweise auch für Kinder geeignet?
Ja, auf alle Fälle! Ich selbst habe meine drei Kinder mit ayurvedischer Ernährung auf gesunde Weise verwöhnt. Zu wissen, was dem eigenen Kind gut tut und wie wir mit einfachen Hausmitteln bei Erkältung, Bauchweh, Schlaflosigkeit oder Verdauungsproblemen helfen können, ist eine große Entlastung. Und das Schöne am Ayurveda ist: Die Ernährung ist nicht dogmatisch, sondern vielseitig, lecker und schnell zuzubereiten.
Differenziert man bei Kindern auch unterschiedliche Konstitutionstypen?
Natürlich schauen wir, welche individuellen Anlagen und Bedürfnisse das Kind hat. Doch die ayurvedische Kinderheilkunde (Bala Roga) gibt auch viele allgemeine Tipps für das Wachstum und die Entwicklung vom Säugling bis zum Teenager. Diese Gesundheitsempfehlungen gelten dann für alle Typen.
Welchen Einfluss kann diese besondere Form der Ernährung auf Kinder haben?
Die ayurvedische Kinderernährung legt großen Wert auf regelmäßige Mahlzeiten. Am Abend sollte immer etwas Warmes – wie eine Suppe – in einer entspannten Atmosphäre gegessen werden. Und Gewürze können helfen, die Nahrung besser zu verdauen. All dies stärkt die Abwehrkräfte und unterstützt das Kind in seiner kindlichen Entwicklung.