Wegweiser zu einem erfüllten Leben
Die Kunst, das psychische Gleichgewicht zu stärken, wird Sattvavajaya genannt und ist eine der Säulen der Ayurveda-Medizin. Der Ayurveda sieht durch seinen ganzheitlichen Ansatz den Körper mit der Psyche in einer ständigen Wechselwirkung. So können psychische Probleme und Beschwerdebilder von beiden Seiten her umfassend angegangen werden. Wer mehr im Gleichgewicht ist, kann Lebenskrisen besser meistern oder einfach ein glücklicheres Leben im Alltag führen.
Prof. Dr. Martin Mittwede ist Ayurveda-Forscher, -Autor und -Dozent. Mit Begeisterung und Klarheit vermittelt er die Erkenntnisse Altindiens an der Europäischen Akademie für Ayurveda. Im Interview hat er einige Fragen für uns beantwortet.
Mit welchen Therapieansätzen arbeitet die ayurvedische Psychologie?
Martin: Die psychologischen Konzepte des Ayurveda sind weitgehend aus der Yoga- und Samkhya-Philosophie entlehnt, werden aber im Ayurveda besonders alltagsnah interpretiert. Achtsamkeit und Bewusstheit sind dabei wesentliche Schlüssel. Zudem arbeitet der Ayurveda – ähnlich wie auch moderne psychotherapeutische Ansätze – stark ressourcenorientiert, d.h. wir schauen nicht nur darauf, was gestört ist, sondern insbesondere darauf, welche Kraftquellen und Möglichkeiten einem Menschen zur Verfügung stehen.
Immer mehr Menschen leiden in ihrem Leben unter Dauerstress. Was rätst Du den Betroffenen?
Martin: Auch hier gilt erst einmal, die individuelle Situation mit allen Einfl ussfaktoren anzuschauen und zu analysieren. Besonders wichtig ist, dass Stress ja nicht nur von außen kommt, sondern von der Art und Weise beeinflusst wird, wie wir spannungsreiche Erlebnisse verarbeiten. Selbst wenn wir bestimmte Aspekte unseres Lebens nicht sofort verändern können, haben wir die Möglichkeit, in unserer Einstellung etwas zu verändern. Dabei beginnen wir mit einfachen Veränderungen im Lebensstil, in der Ernährung und im Tagesrhythmus. Auf der psychischen Ebene arbeiten wir uns zu den verursachenden Mustern vor, um von der Basis her die Weichen in eine neue Richtung zu stellen. Inmeiner psychotherapeutischen Praxis sind auch ayurvedische Manualtherapien und Ausleitungen möglich. Durch die sinnvolle Kombination von verschiedenen Maßnahmen ergibt sich ein persönlich gangbarer Weg der Veränderung.
Was ist Dein persönliches „Glücksrezept“ aus dem Ayurveda?
Martin: Tatsächlich halte ich von solchen Glücksrezepten nicht so viel. Sie sind meist zu pauschal und zu oberfl ächlich. Glück hängt ja auch von unserer Fähigkeit ab, es überhaupt erleben und annehmen zu können. Dies ist ein wichtiges Fundament, an dem wir arbeiten können. Und sehr hilfreich ist der Mut zur Veränderung. Durch Handeln und Ausprobieren sorgen wir für einen neuen Impuls, der unsere alten, oftmals blockierenden Muster beeinflusst.