Die ayurvedische Ernährung

Kerstin Rosenberg bildet seit über 20 Jahren Studierende der Europäischen Akademie für Ayurveda in der ayurvedischen Ernährung aus und hat sich als Buchautorin international einen Namen gemacht. Auch Stephanie Albert, Dozentin der Akademie in der Schweiz, hat als ayurvedische Ernährungsberaterin und Köchin ihre Berufung gefunden. Erfahre im Interview warum die beiden für die ayurvedische Ernährung und Kochkunst brennen.

1. Was fasziniert Euch an den ayurvedischen Ernährungskonzepten?

Kerstin: Ayurveda ist für mich eine ganzheitliche Medizin und Lebensphilosophie. Das spiegelt sich auch in der ayurvedischen Ernährung wieder: Diese hat viele Facetten und ist ein ausgesprochen vielseitiges System, in dem jeder Mensch entsprechend seiner individuellen Konstitution die tägliche Nahrung auf typgerechte Weise den körperlichen und psychischen Bedürfnissen sowie dem persönlichen Lebensstil anpasst. Was mich dabei besonders fasziniert, ist der therapeutische Einsatz der Ayurveda-Ernährung im Sinne von „Food as medicine“.

Stephanie: Ayurveda ist nicht dogmatisch. Es geht darum, für jeden Menschen individuell die beste Ernährungsweise auszuarbeiten, die auch auf seinen Tagesablauf angepasst ist. Nur so gelingt eine nachhaltige Integration in den Alltag. Und für mich ganz wichtig: Ayurveda Essen soll schmecken. Es geht also nicht darum zu verzichten, sondern genussvoll etwas für seine Gesundheit zu tun. 

2. Der Ayurveda stammt aus Indien. Kann es denn überhaupt gelingen, sich bei uns ayurvedisch zu ernähren?

Kerstin: Ja, viele denken, ayurvedische Ernährung sei eine indische vegetarische Diät. Doch das stimmt nicht. Im Ayurveda haben regionale und saisonale Nahrungsmittel und traditionelle Zubereitungsformen eine wichtige Bedeutung für die Bekömmlichkeit und Gesundheit. Sich ayurvedisch zu ernähren heißt, den eigenen Körper und Stoffwechsel in Beziehung zu den Elementen, Jahreszeiten und Pflanzen in der Natur besser zu verstehen. Das geht überall und zu jeder Zeit: Und auch bei uns wussten die Urgroßmütter noch genau, dass schwere Kohlgerichte mit verdauungsförderndem Kümmel, Lorbeer und Pfeffer besser verträglich sind und im kalten Winter wärmende Gewürze wie Zimt, Ingwer und Sternanis im Speiseplan nicht fehlen sollten.

Stephanie: Unbedingt. Denn sich ayurvedisch zu ernähren bedeutet vor allem auch, sich regional und saisonal zu ernähren. Etwas, das durch die Globalisierung gar nicht mehr nur einfach ist. Zudem haben auch unsere Großeltern schon unbewusst viele Nahrungsmittel so kombiniert, wie sie der Ayurveda empfiehlt. Zum Beispiel Linsen mit einem Schuss Essig, Salat erst nach dem warmen Essen… Mit der Zeit ging dieses Wissen aber immer mehr verloren und Ayurveda bringt dieses nun wieder zu uns. 

3. Wie hat Ayurveda Eure eigenen Essgewohnheiten beeinflusst?

Kerstin: Ich habe mich schon immer für Ernährung interessiert und früher viel herum experimentiert: Verschiedenen Diäten, Fastenkuren und allmögliche Experimente. Heute weiß ich genau, was mir gut tut und was nicht. Und auch was eine gute Ernährung bewirken kann: Wir können damit unsere Lebensenergie und Gesundheit steigern, so fühle ich mich wirklich fit und bin ausgesprochen belastungs- und leistungsfähig. Unsere Grundkonstitution können wir durch die Ernährung aber nicht ändern, sondern wir behalten die typgerechten Besonderheiten und Neigungen, wie z.B einen anabolischen Stoffwechsel oder einen sensiblen Darm.

Stephanie: Mir war gesundes Essen schon immer wichtig und hat mich schon immer fasziniert. Nur wusste ich damals noch gar nicht, was wirklich gesund für mich ist. So habe ich zum Frühstück rohe Früchte, zum Mittagessen gesunde Sandwiches und zum Abendessen Salat oder eine kalte Platte zu mir genommen. Durch die vielen rohen, trockenen und kalten Komponenten habe ich einen Reizdarm entwickelt. Der Arzt empfiehl mir eine Ernährungsberatung. Ich habe mich für den ayurvedischen Weg entschieden und weiß seit daher, dass die warme und gekochte Ernährung für mich sehr wichtig ist und genieße morgens die Früchte gekocht und auch abends nehme ich eine warme Mahlzeit zu mir. Seither habe ich keine Probleme mehr mit meinem Darm.

4. Ist die ayurvedische Küche strikt vegetarisch oder vegan?

Kerstin: Die Ayurveda-Ernährungslehre beschreibt 12 Nahrungsmittelgruppen, darunter befinden sich auch Milch, Milchprodukte und Fleisch. In diesem Sinne ist die traditionelle Ayurveda-Ernährung vielseitig und undogmatisch. Im diätetischen Sinne kann es sinnvoll sein, Fleisch in den Speiseplan zu integrieren, besonders wenn wir ausgezehrt und erschöpft sind. Eine vegetarische Diät hingegen fördert das psychische Gleichgewicht und sollte von Menschen die Yoga praktizieren und meditieren bevorzugt werden.

Stephanie: Nein, gar nicht. Aber wer sich mit Ayurveda beschäftigt findet meistens automatisch zu einem bewussteren Umgang mit dem Konsum von tierischen Produkten. Die Lebensweise der Tiere wird beachtet und Fleisch und Fisch wird in den Gerichten zu wertvollen Beilagen, die nur ab und zu genossen werden. 

5. Aus welchen Gründen kommen Menschen in Eure Ernährungsberatung?

Kerstin: Viele leiden unter ernährungsbedingten Beschwerden und finden mit einfachen Veränderungen große Entlastung. Andere wollen sich einfach auf gesunde und konstitutionsgerechte Weise ernähren, um sich fitter zu fühlen. Und viele interessieren sich auch nur für’s kochen, da die Ayurveda-Ernährung einfach toll schmeckt.

Stephanie: Gezielt in eine ayurvedische Ernährungsberatung kommen die meisten Menschen aufgrund von Verdauungsbeschwerden wie Krämpfe, Blähungen, Druck im Magen, aber auch wenn sie Hautprobleme oder chronische Krankheiten wie Arthrose oder Rheuma haben. Oft waren die Klienten bereits bei einem Ayurveda Mediziner oder haben eine Kur gemacht und möchten die ayurvedische Ernährung nun in ihren Alltag integrieren.  

6. Wie könnt Ihr Ihnen helfen?

Kerstin: Wenn Menschen zu einer Ayurveda-Ernährungsberatung kommen, erhalten sie nach einer umfangreichen Befunderhebung immer eine personalisierten Empfehlungskatalog und Speiseplan, in dem genau aufgeführt ist, was sie wann essen dürfen und wie sie ihre Speisen zubereiten sollten. Dabei hilft vielen ganz besonders das persönliche Gespräch, in dem wir im Sinne der ganzheitlichen Ayurveda-Ernährungslehre auch die psychologischen und spirituellen (Gesprächs-) Therapien mit einsetzen.

Stephanie: Ich schaue mit der Person immer die aktuelle Ernährung wie auch den Tagesablauf an und optimiere dann ganz gezielt an den Stellen, an denen ich mir den größten Nutzen verspreche. Oft erkennt der Klient in dem Gespräch schon selber, wo er ansetzen sollte. Nach ca. 6-8 Wochen treffen wir uns wieder und schauen, wie es mit den Anpassungen klappt und ob wir allenfalls noch weiter optimieren möchten. Auch die unterschiedlichen Jahreszeiten werden dabei berücksichtigt oder spezielle Zeiten wie Ferien oder Feiertage. 

7. Was möchtest Ihr Euren Schülern im Unterricht an der Rosenberg Akademie mit auf den Weg geben?

Kerstin: Ich möchte mit den Menschen meine Begeisterung für das „Wissen vom Leben“ teilen und zeigen, dass Ayurveda ganz einfach gehen kann. Obwohl die ayurvedische Ernährungslehre ausgesprochen komplex ist, kann sie ganz einfach im Alltag umgesetzt werden: Genussvoll, undogmatisch und mit viel Freude an gesundem Essen für Leib und Seele.

Stephanie: Die Freude am Ayurveda. Und die Motivation, das Wissen, welches sie im Unterricht erhalten, in der Praxis umzusetzen. Denn erst die Erfahrung macht das Wissen zur Kompetenz. Auf diesem Weg will ich meine SchülerInnen bestmöglich unterstützen.  

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