Der Magen-Darm-Trakt ist viel mehr, als nur ein langer Schlauch der Nahrungsmittel verdaut, resorbiert und ausscheidet. Dieser Organtrakt ist der Startpunkt des Stoffwechsels und der Selbstheilungskraft, denn hier erlangt das Verdauungsfeuer (Agni) seine Kraft für den Nahrungs-, Gewebs-, und Zell-Stoffwechsel-Prozess. Im Ayurveda heißt es so schön „Du bist nicht, was du isst, sondern du bist, was du verdaust“. Das bedeutet, dass nicht die Ernährung allein entscheident ist, sondern viel mehr wie gesund und fit der Darm ist, um daraus etwas Gutes zu machen. Ist der Darm gesund, die Verdauungskraft (Agni) stark, werden alle Gewebe-, und Zellen aus dieser Energie heraus optimal erneuert und gebildet, hat die Selbstheilung Reserven und kann so für dauerhafte Gesundheit sorgen. Ayurveda geht sogar noch einen Schritt weiter und sieht die Darmgesundheit auch als essentielle Voraussetzung für eine ausgeglichene und gesunde Psyche. Oberstes Ziel einer ganzheitlichen Heilkunde sollte aus ayurvedischer Sicht daher die Stärkung des Gastrointestinaltraktes sein, denn nur so entziehen wir der „Ursache ihre Wurzeln“ und beginnen eine kausale und nachhaltige Therapie. Die Ursachenbekämpfung ist Grundbaustein der ayurvedischen Lehre. Als ein ganzheitliches Heilungssystem beinhaltet Ayurveda nicht nur die Behandlung von Krankheiten, sondern auch die Schaffung und den Erhalt individueller Gesundheit und optimalen Wohlbefindens. Ziel der ayurvedischen Therapie ist es, für jedes Organ und jede Funktionseinheit im Körper ein gesundes Gleichgewicht herzustellen. Dies erreichen wir durch die Therapie von Agni, dem Verdauungsfeuer. Agni ist dabei nicht Alleinverursacher, aber doch immer Mittäter. Und über diesen Mittäter bekommen wir fast immer „die gesamte Bande zu fassen“.
Aus ayurvedischer Sicht sind also nicht nur Verdauungsstörungen ein Zeichen fehlender Darmgesundheit und eines schwachen Agnis, sondern absolut jedes Symptom oder Leiden (ausgenommen von durch einen Unfall oder Schicksal verursachte Leiden) nimmt hier seinen Ursprung. Denn kann Agni optimal arbeiten sind die funktionellen und strukturellen Steuerungsgrößen des Organismus stark genug, um selbstregulierend Krankheit zu vermeiden.
Die Darmgesundheit zu fördern ist aus ayurvedischer Sicht somit das A und O in der Gesundheitsprävention und Therapie.
Der Magen-Darm-Trakt und seine Anhangsorgane (Gallenblase, Bauchspeicheldrüse, Leber) werden als Funktionfeld des Haupt-Agnis (Jatharagni) zusammengefasst werden. Agni kann sowohl zu träge, überaktiv als auch unregelmäßig arbeiten, alle drei Zustände schädigen langfristig die Darmgesundheit und den gesamten Körper (sowie Geist) des Menschen. Agni stärken bedeutet daher nicht immer es schneller und aktiver zu machen, sondern vielmehr es gemäß seiner individuellen Veranlagung und Störung auszugleichen. Denn so fördern wir eine gesunde Magensekretion und Darmflora.
So lässt sich die Darmgesundheit (und Agni) aus ayurvedischer Sicht stärken:
- Leicht verdauliche Nahrungsmittel: in gekochter und damit leicht resorbierbarer Form sollten in der Ernährung nicht fehlen. So kann sich Agni von Zeit zu Zeit erholen und hat Energie um „Altlasten“ wie Toxine und Schlacken zu verstoffwechseln und auszuleiten. Gemüse und Balaststoffreiche gekochte Mahlzeiten sind eine wertvolle Ergänzung für ein gesundes Leben. Besonders leicht verdaulich werden Mahlzeiten welche Mono-Protein sind, dies ist also eine der wichtigsten ayurvedische Ernährungsregeln für die Darmgesundheit. Es sollte immer nur ein tierisches Protein in einer Mahlzeit verwendet werden.
- Vermeidung von ungesunden Nahrungsmittel-Kombinationen: Die Vermeidung von mehreren tierischen Proteinen ist die wohl wichtigste Regel für die Darmgesundheit, denn nur so kann eine gesunde Darmflora aufrechterhalten werden und optimal resorbiert werden, Toxine und Schlacken werden vermeiden und die innere Balance gestärkt. Konkret heißt das, je Mahlzeit nehme ich immer nur Fleisch oder Fisch, oder ein Milchprodukt oder Ei zu mir. Diese Kombinations-Vermeidung ist in der Gesundheitsprävention essentiell. Die zweite Kombinationsregel lautet: Keine Milchprodukte mit Früchten. Quark, Käse oder Jogurt sollte daher nicht mit Obst gemeinsam gegessen werden. Milchprodukte gemeinem mit Früchten sind schwerverdaulich, verschlacken den Körperkanäle und schwächen Agni.
- Essen zur richtigen Zeit am richtigen Ort: Für die Darmgesundheit ist nicht nur wichtig was wir essen, sondern auch wann und in welcher Athmosphäre. Wir haben eine sogenannte „Darmuhr“, das heißt, dass Verdaungsenzyme und -Säfte nach einer gewissen Routine abgegeben werden. Feste Mahlzeiten mit ähnlichen Bestnadteilen zu diesen Zeiten sorgen daher dafür, dass das richtige Enzym, der richtige Saft, das richtige Bakterium zur rechten Zeit im Magen-Darm-Trakt zur Verdauung und Resorption bereitsteht. Geht es leer aus kann es die Schleimhaut schädigen, ist es zu wenig verfügbar und muss nachproduziert werden verlangsamt sich der Stoffwechselprozess und die Darmflora werden verändert. Kurz gesagt: Agni folgt einem klaren Arbeitsrhythmus. Bringen wir es durcheinander gerät die gesamte Darmgesundheit aus den Fugen. Damit Agni optimal arbeiten und wirken kann ist zudem die Athmosphäre wichtig, wir sollte ohne Stress und in einem ausgeglichenen Tempo essen können und uns auf unser Essen und nicht auf die Umgebung konzentrieren können. Viele Verdauungs-, und Stoffwechselprobleme sind dann zu beobachten, wenn wir nicht denken ODER verdauen können sondern dies gleichzeitig tun muss. Im ayurvedischen Kontext betrachtet sehen wir Agni als treibende Kraft für Körper und Geist gleichermaßen an, nimmt der Geist zu viel Aufmerksamkeit in Anspruch, kann der Körper nicht mehr verdauen und resorbieren und der Darm wird nachhaltig geschädigt. Im modernen Sinne lässt sich dieses durch den Parasymaptikus und Sympatikus verdeutlichen (beide aus ayurvedischer Sicht Funktionsprinzipien von Agni). Wenn der Parasympatikus (regt die Aktivität von Magen und Darm an) durch den Sympatikus (ausgelöst durch Stress) nicht arbeiten kann, ist eine gesunde Verdauung und Gastrointestinal-Durchblutung unmöglich. Gleichzeitig zeigt dies aber auch die Haltung von Ayurveda gegenüber häufigen Zwischenmahlzeiten Arbeits-, und Stresssituationen. Nicht selten ist zu beobachten dass die Gesundheit unter diesen Einflüssen leiden kann, da der Körper nicht in der Lage ist unter Stress und außerhalb der Routine korrekt zu verdauen. Haben wir mit einem „empfindlichen“ Darm zu tun. merken wir dies oft schneller als bei einem „robusteren“ Darm. Ort und Zeit sollten daher in der Ernährung nicht unterschätzt werden, möchten wir die Darmgesundheit fördern. Genuss ist ein wichtiger Faktor möchten wir die Darmgesundheit stärken.
- Die richtigen Fette als „Zündmittel“: Fette werden im Ayurveda als „Agni-Zündmittel“ betrachtet, durch sie wird Agni während der Verdauungsphase „entzündet“, gleichzeitig pflegen sie die Schleimhäute und fördern sie die Resorption, z.T wird sogar die Darmflora positiv beeinflusst. Diese Eigenschaften vereint z.B das tierische Fett „Ghee“, das Butterreinfett. Ghee ist ein hervorragendes „Zündmittel“ in der Ernährung. Ghee sollte hierfür in kleinen Mengen und erwärmt eingesetzt werden. Aber auch Öle welche nicht erhitzt werden, sondern kalt über die Nahrungs gegeben werden wirken sich positiv auf den Darm aus, so sind z.B Leinöl, Kürbiskernöl oder Walnussöl zwar sanftere aber dennoch effektive „Zündmittel“ um Agni zu entfachen.
- Kräuter-, und Gewürze welchen Agni stärken: Der Einsatz von Kräutern-, und sanften Gewürzen wie Ingwer, Zimt, Fenchel und Kümmelsorten sowie verschiedenster Gartenkräuter und Bitterkräuter wie z.B Löwenzahn fördert Agni und stärkt die Verdauung. Gewürze sollten mit Ghee, Kokos-, oder Sesamöl angeröstet werden, hinzu kommen dann die Gemüse-Sorten und später das Koch-Wasser. Gartenkräuter können am Schluss frisch über das Essen gegeben werden, für den bestmöglichen Einsatz sollten sie kurz angemörsert werden.